Fine Art Print, 30 × 40 cm (19,5 × 26 cm)
Lentos Kunstmuseum, Inv.-Nr. G 9176
Dieses Werk, das in der Reihe Zu schade für die Lade präsentiert wird, trägt den Titel Whiteout. Damit wird ein meteorologisches Phänomen im Polargebiet oder im Hochgebirge bezeichnet, bei dem durch große Helligkeit eine extreme Kontrastverringerung hervorgerufen wird. Das damit verbundene Verschwinden der Horizontlinie kann bei Bergsteiger:innen oder Polarforscher:innen Gefühle von Beklemmung oder Desorientierung auslösen.
In unserem Fine Art Print sehen wir am oberen Bildrand einen Teil einer gerafften Kunststoff-Folie. Riesige Polymer-Planen werden im Hochgebirge über die Gletscher gelegt, um deren weiteres Abschmelzen zu verlangsamen. Mikroplastikpartikel aus dieser Substanz gelangen jedoch häufig in das Schmelzwasser der Gletscher und kontaminieren es. In Wirklichkeit handelt es sich also um eine wenig wirksame Beschwichtigungsmaßnahme.[1]
In Whiteout wirkt die Plastikfolie wie ein drapierter Stoff, der aufgerollt wurde, um die darunterliegenden Strukturen des Gletschereises, das von kleineren Steinpartikeln durchsetzt ist, freizulegen. Das grau getönte Eis wirkt wie kostbarer Carrara-Marmor. Tatsächlich ist es so kostbar wie das bereits in der Antike geschätzte Gestein, aber längst nicht so haltbar.
Goldgruber befasst sich seit einigen Jahren mit dem Klimawandel. Als begeisterter Bergsteiger und Kletterer hält er sich häufig in alpinen Landschaften auf. Seine mit Bruchzonen betitelte Werkserie, zu der die vorliegende Fotografie zählt, untersucht die Randgebiete von Gletscher‑, Schnee und Felsregionen. Goldgruber thematisiert damit die Fragilität ökologischer Verhältnisse sowie die anthropogene Überformung unseres Planeten.
Seine Bilder sind bewusst gewählte Bruchstücke, Ausschnitte eines größeren Ganzen. Als Pars pro Toto sind sie dazu fähig, das sich in großer Bedrohlichkeit anbahnende ökologische Drama zu repräsentieren. Das Unbehagen oder die Irritation, die sich beim Betrachten einstellen, werden durch den kleinen Bildausschnitt verstärkt. Die Bilder lassen uns dadurch – ähnlich wie in einem Whiteout – orientierungslos zurück.
„Was Michael Goldgruber […] in seinem fotografischen Œuvre auslotet, ist etwas, das gegenwärtig so dringend gesucht ist, wie Kunst es in jeder Krisenzeit war: ein Impuls einer Veränderung als Suche nach etwas, das die standardisierten Konzepte aufbricht. Kunst sei das Hinauswachsen über sich selbst für andere, ist eine schöne und gültige Definition.“[2]
Provenienz
Der Fine Art Print wurde im Juni 2023 direkt vom Künstler erworben.
Biografie
Michael Goldgruber wurde 1965 in Österreich geboren, er lebt und arbeitet in Wien und Etmißl im steirischen Bezirk Bruck an der Mur. Goldgruber absolvierte in den späten 1980er-Jahren eine Ausbildung zum Fotografen, studierte Kunstgeschichte und Philosophie an der Universität Wien und an der Universität für angewandte Kunst in Wien. Er erhielt einige Stipendien und Aufenthalte, unter anderem 2012 an der Cité des Arts in Paris und 2015 am Contretype (Centre d’art pour l’image et la photographie contemporaine) in Brüssel. 2007 wurde er mit dem österreichischen Staatsstipendium für bildende Kunst und 2015 in Paris mit „La Quatrième Image“, einem internationalen Preis für Kunstfotografie, ausgezeichnet.
Zwischen 1988 und 2017 hatte er verschiedene internationale Einzelausstellungen, unter anderem in Wien, Graz, Linz, Berlin, Zürich, Pula, Brüssel, Paris und New York. Zudem nahm er weltweit an Gruppenausstellungen teil.
[1] Astrid Kury, „Gestörtes Gelände“, in: Bruchzonen. Alpine Landschaftsmodulation im Zeitalter der Klimakrise, Heidelberg 2023, S 69 – 75, hier S. 71.
[2] Ebd.