Zum Hauptinhalt springen
PETER KUBOVSKY, Pont Louis Philippe II , 1994

Pas­tell auf Papier, Schen­kung des Künst­lers, 2013

Ein Aus­flugs­boot steu­ert auf die Pari­ser Brü­cke Lou­is-Phil­ip­pe zu. Der Fluss schim­mert in Grün- und Blau­tö­nen. Büsche und Bäu­me flan­kie­ren das Ufer. Auf der Île de la Cité drän­gen Häu­ser­ku­ben mit gezack­ten Dächern dem Him­mel ent­ge­gen; die mar­kan­te Sil­hou­et­te der Kathe­dra­le Not­re Dame über­ragt alle Dächer. Die Kom­po­si­ti­on ver­jüngt sich in der Form eines lie­gen­den gleich­schen­kel­i­gen Drei­ecks nach rechts und erhält dadurch einen star­ken Zug in die Bildtiefe.

Der Name der Brü­cke erin­nert an einen Ade­li­gen, der zur Zeit von König Lud­wig XVI. leb­te. Lou­is-Phil­ip­pe II. (1747 – 1793) trat in Oppo­si­ti­on zum Königs­hof, da er sehr libe­ral gesinnt war und als enger Freund des Prin­zen von Wales galt. Der Her­zog von Orlé­ans und Char­tres trug sich sogar mit dem Gedan­ken, König zu wer­den. In Paris ließ er Geschen­ke an Arme ver­tei­len, öffent­li­che Spiel­stät­ten und Loka­le ein­rich­ten und die Gär­ten des Palais Roy­al für das Volk öff­nen. Lou­is-Phil­ip­pe II. stamm­te aus der Linie Phil­ip­pe I. von Bour­bon, des Bru­ders König Lud­wigs XIV., ab. Als Mit­glied der fran­zö­si­schen Königs­fa­mi­lie wur­de er am 6. Novem­ber 1793 hin­ge­rich­tet.1 Sein Sohn wur­de als Lou­is-Phil­ip­pe I. nach der Juli­re­vo­lu­ti­on 1830 Bür­ger­kö­nig in Frankreich.


Das Zeich­nen an Ort und Stel­le war für Peter Kubovs­ky für den künst­le­ri­schen Schaf­fens­pro­zess unver­zicht­bar. Es ging ihm um eine exak­te Erfas­sung des Bild­mo­tivs und um eine künst­le­risch adäqua­te Umset­zung des Gese­he­nen. Dabei ging Peter Kubovs­ky mit gro­ßer Bedacht­sam­keit vor. Er skiz­zier­te die Kom­po­si­ti­on zunächst mit einem Koh­le­stift grob vor, um damit visu­el­le Gewich­tun­gen abzu­ste­cken. Dort und da extra­hier­te er einen Farb­ak­zent aus der Rea­li­tät, den er sodann mit Pas­tell­krei­den in ein male­ri­sches Pen­dant auf das Blatt Papier über­trug. Häu­ser und Bäu­me sah er als kan­ti­ge oder gerun­de­te For­men und den Fluss als bild­ein­wärts füh­ren­de Schrä­ge. Durch die dezi­diert unschar­fe Aus­füh­rung der Bild­mo­ti­ve ver­lieh er sei­nen Zeich­nun­gen räum­li­che Plas­ti­zi­tät. Kubovs­ky sah immer die Gefahr, ein Bild zuzu­ma­len“ – von ent­schei­den­der Bedeu­tung ist daher auch, wel­che Tei­le des sicht­ba­ren Bestands aus­ge­führt wer­den und wel­che aus­ge­spart blei­ben. Die Zeich­nung gewinnt durch die­se Reduk­ti­on auf das Wesent­li­che an Spon­ta­nei­tät, Fri­sche und Lebendigkeit.


Der Lin­zer Zeich­ner such­te stets nach jenem male­ri­schen Kür­zel, das Form, Far­be, Licht oder Schat­ten glei­cher­ma­ßen in sich zu ver­ei­nen imstan­de war. Er erar­bei­te­te Über­gän­ge und Ver­schrän­kun­gen von For­men und Far­ben, um sie in ein mehr­schich­ti­ges Bezie­hungs­ge­flecht zu inte­grie­ren. In sei­nen Bil­dern hielt er nicht nur Häu­ser­zei­len oder Fluss­läu­fe fest, son­dern dach­te auch die jeweils spe­zi­fi­sche Atmo­sphä­re und den Geni­us Loci mit. Natur und Archi­tek­tur wur­den so in den Strich­la­gen zu einer visu­el­len Ein­heit verdichtet.


In den Jah­ren nach dem Zwei­ten Welt­krieg arbei­te­te der Künst­ler zunächst an Illus­tra­tio­nen, die er mit der Tusch­fe­der aus­führ­te, ange­regt von sei­nem Leh­rer an der Lin­zer Kunst­schu­le, Alfons Ort­ner. Ab 1950 ver­wen­de­te er Koh­le für Land­schafts- und Archi­tek­tur­zeich­nun­gen. Erst ab den spä­ten 1980er-Jah­ren wech­sel­te er zu den wesent­lich anspruchs­vol­ler zu ver­ar­bei­ten­den Pas­tell­krei­den. Kubovs­ky hat­te dem­nach im Lau­fe sei­nes künst­le­ri­schen Schaf­fens Prä­zi­si­on und Schär­fe, wie sie die Tusch­fe­der­zeich­nun­gen erfor­der­ten, zuse­hends gegen die male­ri­schen Qua­li­tä­ten eines fast schon pul­ve­ri­sier­ten Mal­mit­tels eingetauscht.


Kubovs­ky reis­te mehr­mals nach Paris. Sein ers­ter Zei­chen­auf­ent­halt in der fran­zö­si­schen Metro­po­le fand bereits 1956 statt. 1972 ent­stand eine wei­te­re Serie von Tusch­fe­der­zeich­nun­gen. Als Peter Baum, Lei­ter der dama­li­gen Neu­en Gale­rie, die in den 1990er Jah­ren ent­stan­de­nen Pas­tell­krei­de­zeich­nun­gen erst­mals sah, war er voll des Lobes: Noch nie hat Peter Kubovs­ky eine Stadt der­art abwechs­lungs­reich und inno­va­to­risch gezeich­net wie zuletzt Paris.“2 Die neu­en Blät­ter wur­den in der Salz­bur­ger Gale­rie Welz ausgestellt.


Wenn man Kubovs­kys Gesamt­werk betrach­tet, zeigt sich, dass das Gen­re der Stadt­ve­du­te zu sei­nem wich­tigs­ten Betä­ti­gungs­feld zähl­te. Neben der umfang­rei­chen Paris-Serie befin­den sich in sei­nem Œuvre Werk­zy­klen, die in Rom, Buda­pest und Prag ent­stan­den sind. Die Vedu­te sah Kubovs­ky nicht län­ger als detail­reich aus­ge­führ­te pla­ne Stadt­an­sicht, son­dern als male­ri­sche Ver­dich­tung eines urba­nen Lebensraums.


Der Lin­zer Künst­ler galt als über­aus fein­sin­ni­ger Beob­ach­ter, immer auf der Suche nach dem geeig­ne­ten Motiv. Als Frem­der in der Stadt wur­de die Zeich­nung zu sei­nem per­sön­li­chen Werk­zeug, um eine neue Umge­bung zu erfor­schen, sie sich visu­ell anzu­eig­nen. Kubovs­ky, der als 15-Jäh­ri­ger sei­ne Hei­mat in Mäh­ren ver­las­sen muss­te, freun­de­te sich im Lau­fe der Zeit durch sei­ne Betä­ti­gung als Zeich­ner mit vie­len alter­na­ti­ven Lebens­plät­zen an. Durch sei­ne wie­der­hol­ten Zei­chen­auf­ent­hal­te in Rom, Prag, Buda­pest, Paris, Vene­dig und Ams­ter­dam wur­de er zu einem wah­ren Con­nais­seur euro­päi­scher Städte.


In sei­ner letz­ten, 2013/14 gezeig­ten Aus­stel­lung reg­te er selbst einen Ver­gleich sei­ner Wer­ke mit Arbei­ten des fran­zö­si­schen Malers Camil­le Corot (1796 – 1875) an. Ein Mot­to hat­ten bei­de wohl gemein­sam: Phä­no­me­ne wie Stim­mung und Atmo­sphä­re […] leis­ten einer gestei­ger­ten Prä­sen­z­er­fah­rung Vor­schub.“3 Die knis­tern­de Span­nung einer fast schon greif­ba­ren Gegen­wär­tig­keit macht den Reiz von Kubovs­kys Zeich­nun­gen aus. Sei­ne male­ri­sche Stu­die inklu­diert ein viel­ver­spre­chen­des Je ne sais quoi“, das gro­ße Lust auf eine Paris-Rei­se macht. Durch sei­ne lang­jäh­ri­ge Lehr­tä­tig­keit an der Lin­zer Kunst­uni­ver­si­tät, der frü­he­ren Kunst­hoch­schu­le, wur­de er dar­über hin­aus zu einer prä­gen­den Per­son für meh­re­re Gene­ra­tio­nen ober­ös­ter­rei­chi­scher Zeich­ner und Zeichnerinnen.

Pro­ve­ni­enz

Die Zeich­nung kam im Okto­ber 2013 im Zuge einer umfang­rei­chen Schen­kung des Künst­lers an das Museum.

Bio­gra­fie

1930:

gebo­ren am 4. Dezem­ber in Lun­den­burg (Bře­clav)

1945:

Flucht aus sei­ner Hei­mat in Süd­mäh­ren nach Zell am Moos bei Mondsee

1947:

Beginn des Stu­di­ums an der Kunst­schu­le des Stadt Linz bei Alfons Ortner.

1954:

Kunst­preis der Stadt Linz anläss­lich der Aus­stel­lung Jun­ge Künst­ler Oberösterreichs

1955:

Stu­di­en­auf­ent­halt in Rom im Ate­lier des Öster­rei­chi­schen Kulturinstituts

1956:

Teil­nah­me an der Sand­berg-Aus­stel­lung Öster­rei­chi­scheKunst der Gegen­wart im Stede­li­jk Muse­um in Ams­ter­dam. Ein­mo­na­ti­ger Auf­ent­halt in Paris

1957:

Ver­ehe­li­chung mit der Künst­le­rin Mar­git Pal­me. Teil­nah­me an den Aus­stel­lun­gen Öster­rei­chi­sche Gra­phik der Gegen­wart in São Pau­lo und San Salvador

1961:

Spa­ni­en­rei­se mit Arbeits­auf­ent­halt in Anda­lu­si­en. Zahl­rei­che neue Ölbil­der und Federzeichnungen

1962:

För­de­rungs­prei­ses der Stadt Linz für Bil­den­de Kunst. Stu­di­en­auf­ent­halt an der Nord­see (Cux­ha­ven)

1964 – 1968:

als Vize­prä­si­dent der Künst­ler­ver­ei­ni­gung MAERZ Initia­ti­ve für die Errich­tung einer ers­ten MAERZ-Gale­rie“ am Taubenmarkt

1969:

Kunst­för­de­rungs­prei­ses des Lan­des Oberösterreich

1971:

ers­te Per­so­na­le in der Gale­rie Würth­le in Wien. Rom-Sti­pen­di­um des Unterrichtsministeriums

1972:

zwei­mo­na­ti­ger Stu­di­en­auf­ent­halt im Öster­rei­chi­schen Kul­tur­in­sti­tut in Paris.


1973:

Stu­di­en­auf­ent­halt in Ams­ter­dam und Utrecht. Beru­fung zum Holz­schul­as­sis­ten­ten an die Meis­ter­klas­se für Male­rei und Gra­fik der Hoch­schu­le für künst­le­ri­sche und indus­tri­el­le Gestal­tung in Linz

1974:

zwei­mo­na­ti­ger Arbeits­auf­ent­halt in Florenz

1976:

zwei­mo­na­ti­ges Buda­pest-Sti­pen­di­um des Col­le­gi­um Hun­ga­ri­cum in Wien

1977:

Retro­spek­ti­ve mit 140 Arbei­ten Peter Kubovs­ky – Zeich­nun­gen aus dem Gesamt­werk 1947 – 1977 in der Neu­en Gale­rie der Stadt Linz Wolf­gang-Gur­litt-Muse­um (mit Monografie)

1981:

Ver­lei­hung des Berufs­ti­tels Professor

1983:

OÖ. Lan­des­kul­tur­preis für Bil­den­de Kunst. 1988: Aus­stel­lung und Kata­log mit Arbei­ten aus 40 Jah­ren im OÖ. Lan­des­mu­se­um und im Salz­bur­ger Rupertinum

1989 – 1991:

meh­re­re Auf­ent­hal­te in Prag

1993:

Aus­stel­lung Prag Vene­dig in der Neu­en Gale­rie der Stadt Linz mit der Prä­sen­ta­ti­on von Farb­krei­de­zeich­nun­gen. Arbeits­auf­ent­halt in Paris

1994:

neu­er­li­cher Arbeits­auf­ent­halt in Paris mit zahl­rei­chen Farb­krei­de­ar­bei­ten. Ver­lei­hung des Berufs­ti­tels Universitätsprofessor

1995:

Aus­stel­lung und Mono­gra­fie Farb­krei­de­zeich­nun­gen von Paris in der Gale­rie Welz in Salz­burg. Preis der Hein­rich-Gleiß­ner-Stif­tung für Bil­den­de Kunst

1997:

Aus­stel­lung Feder- und Farb­krei­de­zeich­nun­gen von Prag 1979 bis 1996 in der Kokosch­ka-Gale­rie in Prag

2000:

Aus­stel­lung im Kubin­haus in Zwickledt

2003:

Aus­stel­lung Kubovs­ky als Maler 1999 – 2002 in der Gale­rie Thie­le in Linz

2005:

Aus­stel­lung in der Kunst­uni­ver­si­tät Linz Von der Kunst­schu­le zur Kunst­uni­ver­si­tät / Werk­über­sicht Gra­fik und Male­rei 1947 – 2005

2006:

Aus­stel­lung in der Gale­rie Welz in Salzburg

2010:

Aus­stel­lung in der Gale­rie Man­ner in Perg

2013/14:

Mit Camil­le Corot in der Wach­au, Aus­stel­lung in der Gale­rie in der Schmie­de, Pasching

2014:

gestor­ben am 20. Jän­ner in Linz

Lite­ra­tur

Peter Baum, Peter Kubovs­ky. Farb­krei­de­zeich­nun­gen aus Paris, Salz­burg 1995.

Dorit Schä­fer (Hg.), Camil­le Corot. Natur und Traum, Aus­stel­lungs­ka­ta­log, Staat­li­che Kunst­hal­le Karls­ru­he, Heidelberg/​Berlin 2012.

Peter Kubovs­ky, Aus­stel­lungs­ka­ta­log, Kubin­haus Zwick­ledt und Muse­um Moder­ner Kunst – Stif­tung Wör­len Pas­sau, Linz 2000.

  1. Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/L...,_duc_d%E2%80%99Orl%C3%A9ans (abgerufen am 4.3.2015).
  2. Peter Baum, Peter Kubovsky. Farbkreidezeichnungen aus Paris, Salzburg 1995, S. 8.
  3. Pia Müller-Tamm, „Vorwort“, in: Camille Corot. Natur und Traum, Ausstellungskatalog, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, Heidelberg/Berlin 2012, S. 13.

Newsletter

Premium Corporate Partner
Corporate Partner
Ausgezeichnet mit dem Österreichischen Umweltzeichen für Museen
Museen der Stadt Linz

Diese Website verwendet Cookies um das Nutzererlebnis zu verbessern. Mehr dazu